Die Funktionalisten. Für sie ist Automatisation ein Mittel zum Zweck, sie haben eine unkritische Nutzenperspektive, die nur darauf schaut, was man rausholen kann. Nicht überraschend ist, dass dies die Perspektive aller befragten Führungskräfte in der zugrunde liegenden Studie ist. Utilitaristische Führungskräfte glauben, ihre Sicht würde von den Mitarbeitern geteilt. Was aber nicht der Fall ist….
Die Utilaristen. Sie suchen auch nach dem Eigennutz und wägen persönliche Vor- und Nachteile ab. Finden Sie aber ausreichend eigene Vorteile, nehmen sie auch Nachteile in Kauf und können wichtige Botschafter für das gesamte Team sein. Ohne überzeugende Argumente und genug Vorteile für die Mitarbeiter geht es mit Ihnen aber nicht. Genausowenig mit den Traditionalisten. Sie brauchen vor allem eine Rollenklärung und müssen wissen, wo ihr Platz ist, wenn auf einmal Maschinen ihren Job übernehmen sollen. Sie sind die Bewahrer alter Fähigkeiten und können später mal, wenn der Strom ausfällt, einspringen.
Die Traditionalisten sind besonders kritisch. Und wenn es ihnen nicht gut geht, bekommen sie Verstärkung von den Anthros. Die stellen nämlich den Menschen in den Mittelpunkt und agieren als Anwalt des Teams. Sie sind nicht an sich technikfeindlich. Dennoch haben sie immer ein gewisses Unbehagen, wenn Technik vermeintlich zum Konkurrenten des Menschen wird. Eine sehr kleine, fast homöopathische Gruppe sind die Spieler. Sie haben Spaß an der Technik und sind neugierig, testen alles aus, kennen das System schnell besser als der Entwickler und können in schwierigen Zeiten als Problemlöser eingesetzt werden.
ES GIBT ZU WENIG SMARTE TYPEN
Nun wissen wir, mit welchen Typen von Menschen wir es zu tun haben.
Leider sind nicht alle von ihnen smart. Ein Tipp aus der Studie Erfolgsfaktor Mensch im digitalen Wandel des Instituts für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen ist: Setzen Sie auf diejenigen, die die höchste Lernagilität aufweisen! Es sollen also nur die smarten Typen eingesetzt werden. Der Gap zur Realität ist klar: es gibt jetzt schon zu wenig davon, aber wenn ich von denen, die es gibt, nur die agile Eliteauswahl einsetzen kann, wird es eng.
ABGEKOPPELTE FÜHRUNGSKRÄFTE
Ergebnisse aus der St. Gallener Studien sowie weiteren Studien zeigen eine überraschend geringe Vorerfahrung, digitale Affinität und auch überraschend geringe Beschäftigung mit Automatisation und Digitalisierung in der Führungsetage auf. Automatisation ist nur begrenzt Chefsache. 92% der Vorstände habe keine oder kaum digitale Vorerfahrung. Das folgende Zitat einer Führungskraft ist symptomatisch: „Mit der Tourensoftware habe ich wenig zu tun. Das machen meine Mitarbeiter.“ Beispielsweise würden von 45 leitenden Mitarbeitern eines Baustoffhandels nur zwei mehr als 1h pro Woche für den digitalen Wandel einsetzen, obwohl sie glauben, dass ihre Zukunft davon abhängt.
MYTHOS AGILE FÜHRUNG
Tatsächlich wird in den meisten Unternehmen das, was mit Automatisation zu tun hat, an externe Berater und in der Hierarchie niedrigere Mitarbeiter delegiert.
Das Institut für Führung und Personalmanagement der Universität in St. Gallen empfiehlt deshalb, auf einen agilen Führungsstil und die Weiterentwicklung der Führungskräfte zu setzen. Was in der Praxis wiederum an Grenzen stößt. Nur wenige Chefs drücken gern noch mal die Schulbank. Der Wunsch ist der Vater des Gedankens von der agilen Führung.
WER IST BESSER? MENSCH ODER MASCHINE?
Wenn Maschinen Aufgaben von Menschen übernehmen, dann kommt es zumindest unbewußt, oft aber ganz offensichtlich zum Wettstreit. Der Mensch gilt als fehlbar im Gegensatz zur rationalen Maschine. Um so lieber ertappen die Menschen die Maschine bei Fehlern: „Wir kontrollieren das Ergebnis der Software mit Google.“ Dies ist eine Aussage, die sehr deutlich macht, um was es eigentlich geht: Um Rollenklärung und die Frage nach dem Erhalt menschlicher Autonomie.
WER IST HIER AUTONOM?
Wenn dann aber die unfehlbare Maschine doch Fehler macht, Mensch ihr aber ausgeliefert ist, wachsen die Ängste. Der Fall Boeing hat hier neue Fragen aufgeworfen. Genauso aber auch die pressewirksamen Unfälle beim autonomen Fahren. Schon das Wort „autonom“ weist auf einen sehr unsensiblen Umgang mit der menschlichen Psyche hin - denn autonom wird hier die Maschine, nicht der Mensch.
DAS STEUER IN DER HAND BEHALTEN
Der Mensch verfügt nämlich über Fähigkeiten, die ein Algorithmus niemals nachbilden kann: Das Erkennen von Intentionen und Absichten, das Gespür für den Sinn von Handlungen. Die Maschine dagegen hält das Flugzeug auf Kollisionskurs, wenn es mit den falschen Daten gefüttert wird. So stand es in der FAS im März in einem Beitrag zu den Problemen der Boing 737, in der der Philosoph und Berater des Bundesverkehrsministeriums Julian Nida-Rümelin sehr deutlich die Gefahren der zunehmenden Verlagerung von Verantwortung an Maschinen aufzeigt. Insbesondere das Schwinden der Fähigkeiten des Menschen, im Ernstfall die Maschine abzulösen, weil dann keine Erfahrung und kein eigenes Rollenverständnis mehr den Menschen befähigt, die Situation zu bewältigen. So wie es Fertiggerichte geschafft haben, dass heute nur wenige selbst eine Brühe kochen können oder Kartoffelknödel noch selbst herstellen. Menschen verlernen ihre Steuerungsfähigkeit, wenn sie nicht steuern müssen. Sie verlieren ihre Autonomie! Dies bedient genau das irrationale aber weit verbreitete unangenehme Gefühl, das Menschen beschleicht, wenn Worte wie Künstliche Intelligenz oder smarte Maschine fallen.
WHO RULES? DIE MACHTFRAGE
Die zwei wesentlichen Narrative von Mensch und Maschine handeln immer von der Machtfrage: who rules? In Zeiten von Robbi, Tobby und dem Fliwatüt oder Knightrider glaubten Menschen noch an ihre Steuerungsfähigkeit und Überlegenheit. Ender der Neunziger begann dann ein neues Narrativ eine andere Geschichte zu erzählen.
DAS NARRATIV DER ÜBERMÄCHTIGEN MASCHINE
Das Narrativ von der übermächtigen Maschine handelt vom Kampf um die Herrschaft.
„Was wir aber sicher wissen, ist, dass zu Beginn des 21. Jahrhunderts die ganze Menschheit in euphorischer Stimmung war. Wir bewunderten unsere eigene Genialität bei der Schöpfung der KI. Ein kollossaler Schritt, der eine völlig neue Art von Maschinen hervorbrachte. Wir wissen nicht, wer dann den Krieg begonnen hat, wir oder sie, jedenfalls waren wir diejenigen, die den Himmel verdunkelt haben. Die Maschinen waren damals auf Solarenergie angewiesen. Man nahm an, dass sie nicht überleben könnten ohne eine Energiequelle wie die Sonne. Dabei brauchen wir doch seit Menschengedenken die Maschinen, um selbst zu überleben. …. Der menschliche Körper wurde zur Energiequelle der Maschinen. Menschen werden nicht länger geboren, sie werden gezüchtet, um Energie für die Maschinen abzugeben.“
So erzählt es der Filmklassiker Matrix. Viele weitere Filme entwerfen die gleiche Geschichte vom Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. Dr. Ingo Irsigler von der Christian-Albrecht Universität und Dominic Orth von der Bergischen Universität Wuppertal legen das in ihrem Aufsatz „Zwischen Menschwerdung und Weltherrschaft: Künstliche Intelligenz im Film“ dar. „Die Thematisierung von Künstlicher Intelligenz im Spielfilm folgt also typischen Handlungsmustern, wobei das gesellschaftlich relevante Thema der technologischen Reproduktion und Optimierung menschlicher Eigenschaften sowie die Auswirkungen Künstlicher Intelligenzen auf Mensch und Gesellschaft auf verschiedene Weise ausgestaltet werden. Die meisten KI-Filme weisen dabei eine technikkritische Tendenz auf, und die Zukunft mit Künstlichen Intelligenzen wird als wenig erstrebenswert in Szene gesetzt. Viele Fiktionen fungieren als Warnungen davor, sich einer womöglich unkontrollierbaren Technik auszuliefern…“
So weit, so düster: Es gibt nicht genug smarte Menschen, die Maschinen halten nicht, was sie versprechen und zwischen Mensch und Maschine droht ein Machtkampf, dessen Ausgang uns die Filmindustrie schon unerwartet technikfeindlich prognostiziert hat.
SYSTEMATISCHE ERFOLGSFAKTOREN